100 Jahre SGV-Abteilung Kredenbach-Lohe
Richtung Zukunft wandern
SGV-Abteilung wurde vor 100 Jahren gegründet / Neue Weggefährten sind herzlich willkommen
Knapp 40 Kilometer Waldwege befinden sich in ihrer Obhut, 40 Bänke, die zur Rast einladen, hält sie in Schuss. Ihr Geburtsjahr gibt nunmehr Anlass zum Jubeln, das Durchschnittsalter ihrer Mitglieder hingegen treibt durchaus die eine oder andere Sorgenfalte in die Stirn: Die SGVAbteilung Kredenbach-Lohe wird 100 Jahre alt. Der 4. Juni 1920 ging als Geburtsstunde in die Annalen ein, als die SGV-Familie um einen Sprössling reicher wurde. Ernst Fischer wurde damals im Gasthof Irle (heute Merje) zum ersten Vorsitzenden gewählt. Am kommenden Samstag hätten die Nachfahren der Gründungsväter gerne das Jubiläum gefeiert. Die Coronapandemie mit all ihren Restriktionen macht dies nun unmöglich.
Der heutige Vorsitzende Bernd Dreute und seine Mitstreiter vom Vorstand bedauern dies gleich in mehrfacher Hinsicht: Zum einen, weil echte Jubiläen nun einmal nur alle 25 Jahre anstehen und man gerne mit Freunden und Gleichgesinnten auf die Geschichte angestoßen hätte. Zum anderen, weil dies noch einmal eine gute Möglichkeit gewesen wäre, das gesellige Miteinander, das gemeinsame Erleben der Natur und die gesellschaftlichen Aufgaben des Sauerländischen Gebirgsvereins einer breiten Öffentlichkeit nahezulegen. Die Mitgliederzahlen sinken (nicht nur) in Kredenbach. Die Rekordjahre sind lange vorbei: 1982 war man zu 356 unterwegs, heute sind es nur noch 128. Das Durchschnittsalter schätzt Dreute auf ungefähr 70 Jahre – obwohl es auch eine Abteilung namens „Junge Familie“ gibt.
„Als der SGV vor 129 Jahren gegründet wurde, da gab es noch keine Grünen und keinen BUND. Der SGV engagierte sich damals wie heute auch im Naturschutz“, erinnern die Kredenbacher an Ursprünge und Entwicklung des Vereins bis in die heutige Zeit. Etliche der Kredenbacher SGV-Pioniere waren zuvor Mitglieder der Hilchenbacher Abteilung gewesen, wünschten sich vor 100 Jahren dann aber die Eigenständigkeit – und damit auch die Möglichkeit, Wanderwege vor ihrer Haustür zu pflegen, sie ins Bewusstsein zu rufen und gemeinsam Zeit in der Natur zu verbringen.
In den Vereinsannalen wird von einer sogleich regen Aktivität berichtet: Wanderungen wurden organisiert, Wege gezeichnet, damit bis heute Wanderer und Jogger wissen, wo sie sich befinden, Bänke repariert, neue kamen hinzu. In den 1930er- Jahre wuchs der Wunsch nach einem eigenen Domizil. In der Jahreshauptversammlung 1936 fielen die Würfel: „Nach vielen Schwierigkeiten und tatkräftigem Einsatz der Mitglieder“ wurde die Blockhütte an den Lichtenhardt, bis heute ein idyllischer Flecken, am 3. Oktober 1937 feierlich ihrer Bestimmung übergeben. Seither ist sie oberhalb von Kredenbach gelegen die regelmäßige Anlaufstelle für Mitglieder und Gäste – ein Mittelpunkt des Vereinslebens inmitten der Natur. 1972 wurde sie – ebenfalls in Eigenregie – um die Kochküche erweitert, 1975/76 wurde abermals angebaut und saniert, sodass nun bis zu 45 Personen dort gemütlich ein Schwätzchen halten und auch feiern können. Wenn nicht gerade ein Virus die Welt in Schach hält, findet so z. B. an jedem 2. Samstag im Monat eine Hüttenabend statt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, anno 1947, ging die erste Jugendgruppe an den Start, die allerdings nicht lange durchhielt. Auch 1975 eröffneten die Kredenbacher eine Kinder- und Jugendgruppe, die mangels Nachfrage 1990 wieder aufgelöst werden musste. Die 1980 gegründete Seniorenwandergruppe beweist da deutlich mehr Ausdauer.
Sieben Vorsitzende gab es in 100 Jahren – ein Zeichen für Kontinuität: Auf Ernst Fischer (1920 bis 1932) folgten Arnold Buch (bis 1939), Erwin Münker (bis 1956), Heinz Gerlach (bis 1976), Friedrich-Wilhelm Irle (bis 1992), Hans-Erich Trapp (bis 2013) und seither Bernd Dreute.
Das Stillstand für einen Wanderverein keine Option ist, liegt auf der Hand – in vielerlei Hinsicht. Der SGV digitalisiert mittlerweile seine Wege, und es werden auch Touren angeboten, die nicht auf Schusters Rappen, sondern auf dem Fahrrad genossen werden können. Bis zum Vorjahr gab es regelmäßig Sonntagswanderungen, nun überlegen die Kredenbacher, nach Corona auch wochentags einzuladen – z. B. Jungrentner. Grundsätzlich freuen sie sich über neue Gesichter: Man muss nicht dem SGV angehören, um mitlaufen oder -radeln zu dürfen. Regelmäßig stehen Touren auch unter einem Motto. Legendär sind die überraschenden „Fahrten ins Blaue“, großer Beliebtheit erfreuten sich Jahrzehnte lang auch die Wanderwochen, die u. a. in die sächsische Schweiz, die Lüneburger Heide, den Harz oder das Altmühltal führten. Zuletzt ging es allerdings mit sieben Leuten 2014 ins Fichtelgebirge: Was bleiben, sind schöne Erinnerungen an gemeinsame Stunden – und die Hoffnung, dass das Interesse an auch dieser Form des Naturerlebens und Horizonterweiterns doch noch einmal aufkeimt.
Froh sind die Kredenbacher auch über ihre „junge Familie“, die z. B. im Vorjahrein Zeichen Richtung Zukunft gesetzt hat, als sie auf dem Areal des ehemaligen Hochbehälters unterhalb der SGV-Hütte 30 Bäume pflanzte – und sich um dieses ,Wäldchen im Wald auch weiterhin kümmern möchte.
Bericht und Foto mit freundlicher Genehmigung
der Siegener Zeitung und Redakteurin Anja Bieler-Barth